|
|
Tisch decken, selbst bedienen. Ja, mittlerweile kannte ich mich hier doch relativ gut aus und konnte mir auch selbst etwas zu trinken holen, wenn ich etwas wollte, weswegen ich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen nickte. „Ist gut – und ja, kann ich.“, teilte ich ihm mit, blieb aber erst einmal sitzen, weil ich momentan doch gar keinen Durst verspürte. Ohnehin gehörte ich zu den Menschen (falls man mich tatsächlich als Mensch betiteln konnte, aber vermutlich schon), die einfach ziemlich wenig tranken. Ich vergaß es meist und verspürte auch nicht wirklich Durst. Klar, das war im Sommer nicht unbedingt sinnvoll, aber im Endeffekt konnte ich es auch nicht ändern. Ich dachte einfach nicht daran und fertig. Aber momentan hatte ich wirklich keinen Durst und hier war es nicht wahnsinnig warm und daher war ich mit meinem Kreislauf auch definitiv nicht gefährdet. Kurze Zeit später kam der junge Mann dann auch zu mir in die Küche zurück, ich folgte ihm mit meinem Blick zum Backofen, bis er sich mir schließlich gegenüber setzte, aber leicht mit den Schultern zuckte. Lange blieb es allerdings nicht dabei, dann bot er mir auch schon Wein an. Ohne abzuwarten, kramte er auch schon eine Flasche und zwei Gläser hervor, ich blinzelte noch etwas verlegen, bevor ich ein Glas entgegen nahm: „Okay, aber nicht zu viel.“, stellte ich fest. Wenn ich etwas nicht vertrug, dann war es Wein und Sekt ließ mich ebenfalls ziemlich schnell aus den Latschen kippen. Aber gut, ich war hier ja unter Freund(en) und daher konnte ich mir auch ein oder zwei Gläschen genehmigen. Bezüglich des Films dachte ich aber einen Moment nach: „Schade, eigentlich hätte ich ausgerechnet heute wahnsinnige Lust auf eine schnulzige Liebesgeschichte mit ganz viel Drama und Tränchen.“, stellte ich schließlich grinsend fest, zog anschließend aber einen übertriebenen Schmollmund und stützte das Kinn schließlich auf eine Handfläche, nachdem ich mich mit dem Ellenbogen auf dem Tisch abgestützt hatte. „Aber gut, dann verschone ich dich damit und werde mir bis nach dem Essen wohl noch etwas anderes überlegen.“, beschwichtigte ich ihn aber sogleich auch wieder mit einem leichten Grinsen, führte das Weinglas an die Lippen um einen kleinen Schluck zu nehmen, nachdem er uns Beiden eingeschenkt hatte.
Das Thema wurde geschlossen. |
Scheinbar hatte sie keinen Durst, da sie nicht aufstand und sich etwas zum Trinken holte. Aber sie wusste ja, dass sie sich wie zu Hause fühlen konnte und dass sie nicht erst zu fragen brauchte, wenn sie irgendetwas haben wollte oder so. Ich war wirklich kein pingeliger Mensch und ein Perfektionist schon gleich gar nicht. Ich wollte ihr immerhin auch nichts vorschreiben, ich wollte einfach nur, dass sie sich wohl fühlte und dazu gehörte meiner Meinung nach eben auch, dass sie hier mehr oder weniger tun und lassen konnte was sie wollte. Solange sie mir meine Bude nicht vollkommen auf den Kopf stellte, natürlich. Wobei ich Mira da auch echt nicht so einschätzte, sie war nicht gerade eine dieser aufbrausenden Frauen, sondern eher eine ruhigere Person. War mir auch ganz recht so, ich mochte es nicht, wenn mich jemand vollkommen unter Druck setzte und mich mit seinem rechthaberischen Getue ganz hibbelig machte. Zumal ich selbst eher ein chaotischer Mensch war und nicht gerade lange still auf einem Stuhl sitzen konnte und gar nichts machen konnte. Ging nicht. War jetzt aber auch egal. Ich nickte auf ihre Worte hin ein wenig und lächelte sie an, ehe ich auch schon dabei war, den Tisch für uns Beide zu decken. Meine Mitbewohner waren ja- Gott sei Dank- für heute und so wie ich sie verstanden hatte die nächsten zwei bis drei Tage erst einmal ausgeflogen.
Ihr ‚Okay, aber nicht zu viel‘ und ihr verlegenes Lächeln nahm ich mit einem Grinsen auf den Lippen wahr, ehe ich ihr auch schon von dem Wein einschenkte und ihren nächsten Worten bezüglich des Filmes lauschte. Soso. Genau so einen schnulzigen, kitschigen Liebesfilm hatte sie mir heute also aufdrehen wollen. Und jetzt musste sie sich auch noch etwas anderes überlegen. Na glücklicherweise verschonte sie mich damit. „Das ist aber sehr entgegen kommend von dir, dass du mich mit so einer kitschigen Schnulze verschonen willst“ lachte ich amüsiert, ehe ich mit ihr unsere Weingläser anstieß und dann ebenfalls von meinem Wein trank.
Gut eine halbe Stunde später war das Essen dann auch endlich fertig- von dem Geruch hatte ich richtig Hunger bekommen- und ich holte die Lasagne aus dem Ofen, um sie auf dem Tisch auf dem Topfuntersetzer mitsamt der Form abzustellen. Ich schnitt sie, dann tat ich der jungen Frau ein Stück auf den Teller, ehe auch ich dran war und wir letztendlich gemeinsam essen konnten. „Lass es dir schmecken“ meinte ich und grinste sie an.
Das Thema wurde geschlossen. |
„Dabei bin ich mir eigentlich sogar ziemlich sicher, dass ihr Männer euch diese Liebesschnulzen heimlich anschaut, weil ihr es euch vor uns Frauen nicht eingestehen könnt – wie toll sie doch eigentlich sind.“, stellte ich auf seine Worte hin noch mit einem zwinkern fest, bevor wir mit dem Wein anstießen und Beide einen Schluck nahmen. Er schmeckte, keine Frage – aber das war ja im Grunde genau das Gefährliche an dem Zeug. Wenn es schmeckte, trank man gerne mal zu viel und das endete selten gut. Glücklicherweise war mir das noch nicht sonderlich oft passiert. Seit ich mit der Göttin der Liebe verbunden war schon gar nicht mehr, aber letztlich konnte man so oder so nichts dagegen tun, wenn es dann doch einmal geschah. Ich hatte allerdings nicht vor, es in absehbarer oder auch ferner Zeit dazu kommen zu lassen. Das musste nun wirklich nicht sein, so sehr musste ich mich doch unter Kontrolle haben und wer wusste schon, was ich dann tat. Das konnte doch nur schlimm enden, am Ende begann ich mein kleines Geheimnis zu offenbaren und das wollte ich gewiss nicht. Klar, ich war mir bewusst, irgendwann einmal mit Theo darüber sprechen zu müssen. Je früher, desto besser, aber ich wusste einfach nicht wie und ich wollte es irgendwo auch nicht. Er würde mich nur für verrückt erklären und das war es. Da war ich mir sicher. Wer würde das schon nicht tun? Ich mochte ihn, auch wenn ich wusste, dass das im Grunde verkehrt war.
Letztlich kam es dann aber auch zum Essen, ich wusste noch immer keinen Film und grübelte darüber nach, bis Theo mich mit einem „Lass es dir Schmecken“ aus meinen Gedanken riss und mich ihn ansehen ließ: „Du dir auch, danke.“ Erwiderte ich schließlich, nahm die Gabel in die Hand und schob mir kurz darauf den ersten Bissen in den Mund – und es schmeckte, wie wohl zu erwarten gewesen war, wirklich gut, was ich ihm auch sogleich mitteilen musste, sobald mein Mund wieder leer war: „Das schmeckt wirklich köstlich! Jeder der dich aus deinem Job geschmissen hat muss größenwahnsinnig gewesen sein.“, teilte ich ihm entschieden mit, grinste ihn leicht an, bevor ich mich wieder der Lasagne widmete. Doch, es gab durchaus deutlich schlechteres Essen: Meines Beispielsweise. Ich war einfach alles andere als eine begabte Köchin. Dafür hatte ich allerdings auch meine anderen Vorteile.
Das Thema wurde geschlossen. |
Oh man. Wirklich jetzt? War ja mal wieder klar gewesen, dass so ein Kommentar hatte kommen müssen. Ich verdrehte die Augen und zuckte anschließend ein wenig mit den Schultern. „Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Und wenn schon- ihr freut euch doch darüber, wenn wir das tun und uns von der romantischen Seite zeigen“ lachte ich und nahm dann einen erneuten Schluck von meinem Wein.
Kurz darauf konnten wir dann auch schon essen, worüber ich wirklich froh war, da ich mittlerweile doch ziemlich Hunger bekommen hatte. Mira schien aber ein wenig in Gedanken versunken zu sein und nachdem ich ihr einen guten Appetit gewünscht hatte, tat sie es mir gleich. „Danke“ erwiderte ich und lächelte leicht, bevor ich mir auch schon den ersten Bissen von der Lasagne in den Mund schob. Wenige Sekunden später teilte mir die junge Frau auch schon mit, dass die Lasagne köstlich schmeckte und dass es scheinbar unbegründet war, dass man mich immer wieder auf der Arbeit vor die Tür setzte. „Freut mich, wenn es dir schmeckt“ meinte ich und schaute sie dankbar lächelnd aus meinen blauen Augen heraus an, wobei ich auf den zweiten Teil ihres Satzes nur leicht mit den Schultern zuckte. Was sollte ich auch schon weiter sagen? Meiner Meinung nach hatte ich an einem Essen noch nie einen wirklich groben und folgenschweren Fehler gemacht- ich wusste einfach nicht, warum ich mir ständig einen neuen Job suchen durfte und völlig unbegründet Dinge vorgeworfen bekam, die so gar nicht richtig waren. Aber war jetzt auch egal, ich wollte jetzt nicht weiter darüber nachdenken sondern Miras Gesellschaft genießen. „Wie war dein Tag heute?“ lenkte ich das Thema auf eine andere Spur und schaute sie neugierig und aufmerksam an, bevor ich noch einen Schluck von dem Wein aus meinem Glas nahm. Normalerweise war ich nicht so der Weintrinker, aber ab und an ging es schon einmal und solange er nicht bitter wie sonst was war, war auch alles gut. Wobei ich dann auch sagen musste, dass Wein bei mir wesentlich schneller anschlug als andere alkoholische Getränke. War jetzt aber auch nicht so, als würde ich nach den paar Schlucken gleich betrunken unter dem Tisch liegen.
Das Thema wurde geschlossen. |
Heimlich? Wie zeigten sie sich denn dann von ihrer romantischen Seite? Naja, egal. Ich zuckte nur ein wenig mit den schmalen Schultern und beschloss das Thema fallen zu lassen, weil es so oder so nicht ernst gemeint gewesen war und recht wenig Sinn hatte. Demnach lohnte es sich auch einfach nicht weiter darüber zu sprechen – wieso auch. Es gab weitaus ansprechendere und interessantere Themen, auch wenn gerade nicht unbedingt viele davon auf den Tisch gebracht wurden. Aber das mussten sie ja auch nicht. Es sollte einfach nur ein entspannter und ruhiger Abend werden – fertig. Mein Lob nahm er mehr oder weniger auch einfach so hin, wobei ich auch nichts anderes erwartet hatte – was sollte er schon darauf sagen? Deswegen folgte darauf nur ein leichtes Lächeln, das ich auf sein Danke erwiderte, bevor ich mich der Lasagne zuwandte, die schon bald darauf auch leer war – und ich papsatt. Ein sonderlich großer Esser war ich noch nie gewesen und klein war das Stückchen ja nun auch nicht gewesen. Ich meine, ich sah ja auch nicht aus wie jemand, der drei volle Teller verschlingen konnte. Entspannt lehnte ich mich zurück, lauschte seiner Frage wie mein Tag so gewesen war. Ja, wie war er so gewesen? Ziemlich eintönig, ich hatte meine Aufgabe im Grunde erledigt, musste es ihm nur noch beibringen, sagen. Wenn das nur mal so einfach wäre. Seufzend griff ich nach dem Weinglas, schwenkte es zaghaft ein wenig hin und her: „Eigentlich recht... langweilig, ich hab nicht viel zu tun momentan.“; teilte ich ihm – mehr oder weniger wahrheitsgemäß – mit. Es stimmte ja, nur, dass er es vermutlich auf mein Studium beziehen würde, während ich eigentlich etwas vollkommen anderes meinte. Aber da hatte ich mich nun wirklich selbst reingeritten, als ich noch gedacht hatte, ich würde ihn zu diesem einen Kaffee wieder sehen und dann nie mehr. Tja, Pustekuchen. Man sah ja, wie toll das doch funktioniert hatte! „Und deiner? Ein wenig spannender?“, hakte ich nach und stellte somit die Gegenfrage auf seine Frage. Wobei wir uns dann langsam rüber ins Wohnzimmer stahlen, als er ebenfalls mit Essen fertig war und wir die Teller ins Spülbecken gestellt hatten. Dort angekommen ließen wir uns auf das Sofa fallen – ich hatte mich mittlerweile auch für einen Film entschieden: Keine Liebesschnulze, allerdings auch kein total übertriebener Actionfilm. Vielleicht ein gesunder Misch-Masch aus beidem. Und nachdem der Film dann auch anlief, stellte ich irgendwann das leere Weinglas auf den Tisch (mein Zweites und irgendwo merkte ich das nun mittlerweile doch schon ziemlich) und sank tiefer zurück in das bequeme Sofa.
Das Thema wurde geschlossen. |
Ob sie noch etwas essen wollte? Wie sich kurz darauf aber herausstellte, wollte sie kein weiteres Stück mehr und so verschlang ich alleine noch ein zweites Stück von der Lasagne. Ich hatte irgendwie ziemlich Hunger gehabt und bevor ich hier noch hungrig ins Bett gehen müssen würde.. Musste ja auch nicht sein. Soso.. ihr Tag war also relativ langweilig gewesen, da sie nicht viel zu tun hatte. Ich nickte ein wenig, grinste sie dann an und schluckte erst einmal herunter: „Student muss man sein.. haben den ganzen Tag nichts zu tun“ lachte ich und neckte sie somit ein wenig. War ja nicht böse gemeint. Nein, alles andere als das und ich war mir auch ziemlich sicher, dass sie den Witz dahinter verstehen würde. Wir kannten uns zwar noch nicht in und auswendig, aber meiner Meinung nach doch schon gut genug um zu wissen, wie weit man gehen konnte und wann es dann irgendwann doch einfach genug des Guten sein würde. „Nein, nicht wirklich sehr viel spannender. Zumindest klingt es so, als wäre meiner genauso langweilig gewesen wie deiner. Naja, aber auch nur bis du gekommen bist“ erwiderte ich und zuckte leicht lächelnd mit den Schultern. War ja auch so. Seitdem Mira da war, war meine Stimmung irgendwie schon um hunderte von Stockwerken angehoben worden und das würde sich auch garantiert nicht ändern, solange die junge Frau da war. Ich genoss ihre Gesellschaft, war gerne mit ihr unterwegs und redete gerne mit ihr. Sie war einfach nicht überheblich, war eher eine ruhigere Persönlichkeit und nett war sie vor allen Dingen auch noch.
Nachdem wir dann gegessen hatte und den Tisch abgeräumt hatten, sowie die Sachen wieder zumindest ein wenig aufgeräumt hatten- man mochte es kaum glauben, aber ich als purer Chaot konnte es nicht unbedingt leiden, wenn in der Küche alles vollgestellt und unaufgeräumt war- hatten wir uns auf den Weg ins Wohnzimmer gemacht und es uns dort auf der Couch bequem gemacht. Und nachdem Mira sich auch für einen Film entschieden hatte- glücklicherweise keine pure, kitschige Schnulze- saßen wir dann mit einer Tüte Chips nebeneinander auf dem Sofa und ließen die Geschehnisse des Filmes auf uns niederprasseln.
Nur irgendwie schien die junge Frau zum Ende des Films hin doch ein wenig müde geworden zu sein, denn nachdem der Film zu Ende gegangen war und ich zu ihr hinüberblickte, stellte ich mit einem belustigten Lächeln auf den Gesichtszügen fest, dass sie wohl eingeschlafen war. Gut, der Film war jetzt nicht der Beste gewesen, aber irgendwie schien die Müdigkeit sie trotzdem ziemlich überrollt zu haben. Zumal sie auch leicht zu mir herüber gerutscht war. Letztendlich machte ich den Fernseher aus und zog die junge Frau sanft und ohne sie aufzuwecken auf die Sitzfläche des Sofas, ehe ich noch eine Decke über sie legte. Aufwecken wollte ich sie nicht und ich hatte auch nichts dagegen, wenn sie hier schlief. Mit einem letzten Blick auf sie machte ich mich dann auch selbst auf den Weg ins Bett und war kurz darauf auch schon ins Land der Träume abgedriftet.
Das Thema wurde geschlossen. |
Naja, Mira hatte dann etwa nach der Hälfte des Filmes auch festgestellt, dass sie ihn schon kannte – weswegen sie sich dann auch irgendwann nicht mehr wirklich dagegen gewehrt hatte, dass ihr langsam aber sicher die Augen zufielen. Und dann war es auch schon geschehen und sie war ins Land der Träume abgedriftet. Sie bekam nicht einmal mehr mit wie Theo den Fernseher ausschaltete und sie auf die Couch legte, zudeckte, das Licht abschaltete und dann selbst in sein Zimmer verschwand, so müde musste sie wohl gewesen sein. Im Grunde war ja nichts dabei, aber sie wusste ja um seine Fähigkeiten und darum, dass er noch gar nicht Bescheid wusste und somit nicht einmal die Chance hatte diese kontrollieren zu können. Es wäre im Grunde genommen also nicht einmal seine Schuld, wenn er in ihren Träumen herumstöberte und eigentlich würde er es wohl auch nicht mal so sehen, sondern vermutlich eben als seinen eigenen verkorksten Traum. Verkorkst deswegen, weil Mira selten irgendwelche durchschnittlichen und normalen Träume hatte. Wenn ihr nicht gerade die Göttin Aphrodite erschien, dann irgendetwas anderes, total beklopptes von dem bestimmt kein anderer Mensch auf dieser Erde träumte. Aber so war sie schon immer gewesen, schon bevor sie dazu ausgewählt worden war ihre Seele mit der der Göttin zu vereinen und auf Ewig ein Teil von dieser zu sein. Zumindest so lange, bis Mira auf irgendeine unnatürliche Art und Weise das zeitliche segnete. Natürlich war da ja schließlich nicht wirklich.
Und tatsächlich malte sich ihr Gehirn mal wieder etwas völlig absurdes zusammen. Etwas von einer perfekten Familie, die sie niemals haben würde. Wieso nicht? Weil sie dazu im Grunde doch niemals die Möglichkeit hatte. Da war das Gesicht eines unbekannten, ausgedachten Schönlings der wohl zusammen gesetzt worden war aus all den attraktiven Männern die sie schon getroffen hatte, da war des kleine Junge, der mit seiner kleinen Schwester im Garten des modernen, gemütlichen Ein-Familienhauses spielte und dazwischen war sie. Glücklich und zufrieden. Mit einer Kugel vor dem Bauch – schwanger. Kind Nummer Drei war also auf dem Weg und sie freute sich sogar darauf. Ja, das tat sie wirklich. Sie liebte Kinder, sie hatte schon immer eigene Kinder haben wollen, aber dazu würde es wohl niemals die Möglichkeit geben. Wie auch? Und was das Beste an diesem Traum war? Sie fühlte nichts außer ihre eigene Vorfreude auf das Kind, während sie dachte mit den Fingern über ihren Bauch strich. Sie fühlte nichts außer ihren eigenen Herzschlag und bildete sich ein auch den des Kindes in ihrem Bauch fühlen zu können. Aber sie fühlte weder was ihr Mann fühlte, noch was ihre Kinder fühlten, die draußen über die grüne Wiese tollten, gemeinsam mit einem kleinen Hündchen mit schneeweißem Fell das aufgeregt bellend zwischen den Kindern umher sprang. Eine perfekte Bilderbuchfamilie, so wie es schien. Mira trat vom Fenster und zur Tür hinaus in den Garten vor dem Haus, ließ sich dort unbeachtet auf die grüne Wiese sinken und streckte die Beine aus, während beide Kinder freudestrahlend und mit einem lauten, glücklichen „Mooomiii“ auf sie zu gerannt kamen und sich neben ihr ins Gras warfen...
Das Thema wurde geschlossen. |
Es war eigentlich kein Wunder, dass ich relativ schnell eingeschlafen war. Der Tag war doch recht ereignisreich gewesen, ich war vollgefressen, müde und der Rotwein tat wohl noch das Übrige, weshalb es im Grunde genommen keine fünf Minuten mehr gedauert hatte, ehe ich in einen tiefen Schlaf versunken war. Ja, ich hatte tatsächlich einen sehr tiefen Schlaf. Vermutlich würde ich es nicht einmal bemerken, wenn jemand in mein Zimmer kommen würde und alles durchwühlen würde- aber es war schon immer so gewesen, dass ich schlief wie ein Stein und durch nichts und niemanden so leicht aufzuwecken war. Manchmal wünschte ich, dass es anders wäre, aber wie sollte ich es auch schon ändern? Ging ja nicht und damit musste ich mich dann auch einfach abfinden. Tat ich auch.
Und dann hatte ich auch schon einen ziemlich schrägen Traum. Genauso schräg wie alle anderen zuvor auch schon, denn wie so oft rannte ich in meinem Traum genauso wie in der Realität vor irgendetwas weg. Was auch immer es war, so genau konnte ich es nicht erkennen und im Grunde genommen war es ja auch egal. Es war so schon nervenaufreibend genug und ich fing an zu schwitzen, während ich mich in meinem Bett unruhig hin und her bewegte. Ich lief und lief und lief. Erst durch eine größere Straße, dann bog ich in Windeseile in eine Seitengasse ein und wäre dabei beinahe gestolpert, konnte mich gerade so aber noch abfangen und weiterrennen. Ich war wirklich ein gnadenloser Feigling. Oft genug rügte ich mich selbst dafür, dass ich mich meinen Problemen nicht stellte, aber andererseits: wer wollte schon Dinge unterstellt bekommen, für die man nichts konnte und dann auch noch von Unmengen von Leuten eine übergezogen bekommen? Also ich nicht. Auf keinen Fall. Ich wusste ja, dass ich in gewisser Weise anders war als alle anderen, aber das machte es mir nicht gerade leichter, Freunde zu finden, die einen auch ernst nahmen und nicht nach einigen Wochen so taten als würden sie einen nicht mehr erkennen.
Mittlerweile hatte ich schon eine ziemlich lange Strecke hinter mich gebracht und ich wurde langsamer, während meine Brust sich schnell hob und wieder senkte. Ohne es wirklich zu merken war ich ins Neubaugebiet ein wenig außerhalb der Stadt gelaufen, wo ich nun vor einem Haus mit einem mit irgendwelchen Büschen bewachsenen Zaun anhielt, die Hände auf die Oberschenkel abstützte und mich ein wenig zu beruhigen versuchte, meinen Atem zu kontrollieren versuchte. Als ich ein Kinderlachen hörte, schaute ich auf und linste über die nicht allzu hohen Büsche, wo ich zuerst einen weißen, kleinen Hund herumtollen sah. Dann rannten zwei kleine Kinder in mein Blickfeld- ein kleiner Junge und vermutlich seine kleine Schwester. Zumindest sahen sie sich ziemlich ähnlich. Ich schaute ihnen kurz beim Spielen zu, konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen und wollte dann schon weitergehen, als ich eine junge Frau zu Gesicht bekam. Sie war ungefähr in meinem Alter und warum auch immer, sie kam mir wahnsinnig bekannt vor. Nur woher? Ohne es so richtig zu bemerken lagen meine blauen Augen auf ihr, verfolgten sie regelrecht, aber mein Gehirn wollte sich um nichts in der Welt daran erinnern, woher ich die Brünette kannte. Vor allem ihre rehbraunen, auffälligen Augen ließen mich innehalten. Und dann plötzlich wie aus dem Nichts kam mir ein Name geschossen und ich war mir sicher, dass sie die Frau war, mit der ich vor einigen Jahren recht gut befreundet gewesen war. „Mira?“ fragte ich mit lauter Stimme und bewegte mich zum kleinen Türchen des Zaunes, wo ich aber stehenblieb, wobei ich sie nicht aus den Augen ließ und erkannte, dass sie schwanger war. Und anscheinend auch die Mutter der beiden Kleinkinder war.
Das Thema wurde geschlossen. |
Als sie ihren Namen hörte, blickte Mira auf, die gerade den Jungen und das Mädchen in ihre Arme geschlossen hatte, nun aber wieder los ließ, sodass die Beiden erneut über den grünen Rasen tollten und fangen spielten. Sie blickt in ein paar blau-grauer, aufmerksamer Augen, die sie ein wenig verwirrt, neugierig und doch offen und freundlich anblickten. Im ersten Augenblick realisierte die zierliche Brünette noch gar nicht wirklich was hier geschah, allerdings brauchte es auch nicht lange, bis sie verstand wer der junge Mann war und was genau er hier tat. Sorgte nicht unbedingt für Begeisterung bei Mira, die sich schwer aufrappelte, auf den jungen Mann zulief und ihn gemeinsam mit sich aus dem kleinen Garten hinaus wieder auf die Straße zog, ein wenig abgeschirmt von den Hecken, die das Grundstück umrahmten. Das konnte doch nicht wahr sein, oder? Nicht, dass es nicht möglich wäre von Theo zu träumen, aber die Tatsache, dass er eben jene Gabe besaß in die Träume anderer ‚einzudringen’ und sie in gewisser Maßen sogar zu manipulieren, machte es nicht besser. Sie wollte nicht, dass jemand in ihrem Kopf herum schnüffelte, außerdem hatte er doch noch gar keine Ahnung von seiner Gabe, was tat er also hier? Und wie sollte sie ihm das erklären? Am besten gar nicht? Sollte das doch jemand anders übernehmen, wie konnte sie aufwachen? Sie wollte aufwachen, schaffte es aber nicht, bekanntlich ging das ja nie wirklich so wie man wollte. Konnte sie Theo sagen, er sollte aufwachen, oder zumindest verschwinden? Und würde er dann auch verschwinden oder gar verschwinden können? Nicht wütend, aber auch nicht glücklich, blickte sie zu dem jungen Mann hinauf: „Was machst du hier, Theo? Du hast hier nichts verloren..“, murmelte sie leise, sollte ja niemand unbedingt mitbekommen. Aber nein, Theo hatte hier wirklich nichts verloren, das war ihr Traum und etwas ganz intimes. Sie hatte zwar noch niemals bewusst ihren Traum wahrgenommen und gewusst das sie Träumte, aber gerade... gerade schien das völlig normal, seit Thea aufgetaucht war, seit er ihren Namen ausgesprochen hatte, als hätte sich in ihrem Kopf einfach ein Schalter umgelegt.
Das Thema wurde geschlossen. |
Besucher
0 Mitglieder und 7 Gäste sind Online Wir begrüßen unser neuestes Mitglied: UchesRenty Besucherzähler Heute waren 7 Gäste online. |
Forum Statistiken
Das Forum hat 30
Themen
und
2190
Beiträge.
|
Forum Software ©Xobor.de | Forum erstellen |