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Wir starten, sobald alle Anmeldungen vorhanden sind (oder spätestens am Wochenende, genauer Tag und genaue Zeit kann ich allerdings nicht sagen).
Sonst gäbe es nur noch zu sagen, dass Name und Generation über den Post sollten. Wie es startet seht ihr dann anhand meines ersten Posts der bald folgen wird, Thread bleibt so lange geschlossen.
Jetzt hatten sie alle eine Nacht über seine Nachricht schlafen können – falls sie geschlafen hatten. Domenico war es nicht so ergangen, zuerst war er Stundenlang wach auf dem Feldbett gelegen und hatte gegen die triste, graue Betondecke geschaut. Irgendwann war er wieder aufgestanden und ruhelos durch die unterirdischen Tunnel getigert, bis ihn der Hunger zurück in den halbwegs wohnlichen Bereich getrieben hatte. Richtig; Domenico lebte hier unten, er schlief hier, er aß hier, er duschte hier. Sowohl mit seinen vermeintlichen Eltern, als auch mit deren Geld wollte er nichts mehr am Hut haben, außerdem war es hier unten am sichersten – von hier unten konnte er agieren, ohne dass es gleich die halbe Welt mit bekam. Oder noch schlimmer; die Organisation, die für diesen Zustand überhaupt verantwortlich war.
Nachdem Domenico gestern die Aufmerksamkeit jedes Einzelnen zugesandt bekommen hatte, war Chris dazu gekommen, sie beide hatten den Anwesenden die wichtigsten Informationen übermittelt, da sie sich Beide einig gewesen waren, dass sie es wohl nicht allzu stürmisch angehen sollten. Außerdem hatten sie an die Vernunft der jungen Leute appelliert mit niemandem darüber zu sprechen – vor allen Dingen nicht ihren Eltern, da ihr Leben ab dem Zeitpunkt bedroht sein würde, in dem ihr Wissen offenbart wurde.
Genauso musste Domenico sich aber auch eingestehen, dass er nicht hatte einschätzen können wer genau ihren Worten nun tatsächlich Glauben geschenkt hatte oder nicht. Es war schwer gewesen diese völlig fremden Menschen einschätzen zu können; manche waren ungläubig und verunsichert gewesen, manche hatten wütend reagiert und jegliches Zureden vehement von sich gewiesen, es nicht glauben wollen. Manche waren in Tränen ausgebrochen. Jede Reaktion war anders gewesen. Sowohl Nico als auch Chris war bewusst, dass sie mit dieser Aktion ein großes Risiko eingingen, allerdings waren Beide der Meinung, dass es das wert war, denn Gemeinsam konnte man mehr erreichen – so war es nun einmal; das hätte nicht einmal der einsamste Einzelkämpfer leugnen können. Je mehr sie auf ihrer Seite hatten, desto besser war es.
Letztlich hatten sie es ihnen auch offen gelassen wieder zu gehen oder hier zu bleiben, es waren genug „Räume“ vorhanden, in denen jeder seine Privatsphäre hatte und in denen alte Sofas oder Feldbetten vorhanden waren, sodass jedem ein Schlafplatz zur Verfügung stand. Ebenso stand jedem die Tür offen wieder zu kommen, denn nachdem sie fertig gesprochen hatten, hatten sie einen Großteil der jungen Leute mit in das Tunnelsystem genommen – sicherlich ein weiteres Risiko, aber auch das war es ihnen wert gewesen. Wer diesen Schritt ging, würde auch bereit sein den nächsten zu gehen. Darauf mussten sie einfach vertrauen.
Jetzt schlurfte Domenico allerdings erst einmal in Richtung der mit Abstand größten Ausbuchtung dieses Bereiches der Tunnelsysteme – die unter der gesamten Stadt wie ein Labyrinth vorhanden waren. Dabei handelte es sich um etwas, das mit einem Aufenthaltsraum zu vergleichen war, ein Tisch war vorhanden, um den einige Stühle standen, eine nackte Glühbirne baumelte von der Decke, in einer Ecke stand eine kleine, provisorische Küche und eine Couchgarnitur war ebenfalls vorhanden, die genug Platz für etwa 10 Leute bot und recht einladend wirkte – und wirklich bequem war. Sein Weg führte ihn nun allerdings erst einmal zur Küchenecke, wo er sich eine trockene Scheibe Brot nahm, noch dazu einen Filterkaffee aufsetzte und eine Tasse aus dem offenen Regal nahm, bevor er sich auf die Anrichte zog, von dem Brot abbiss und auf den Kaffee wartete. Nicht einmal die Motivation sich etwas Anständiges zu Essen zu besorgen hatte er, lag vermutlich auch daran, dass er hier nicht weg wollte, falls jemand von den frisch Eingeweihten sich dazu entschied wieder her zu kommen. Dann sollte jemand da sein, der sie empfing.
Ob man es glauben mochte oder nicht, Alexis hatte es vorgezogen in einer völlig fremden Umgebung eine siffige (ihrer Meinung nach zumindest) Couch zu beziehen in einem Zimmer (falls man das so nennen konnte), das nicht einmal eine Tür besaß, sondern lediglich einen Vorhang. Und das Ganze, anstatt nach Hause zu gehen, wo ein riesiges, wunderschönes, modernes Zimmer auf sie wartete, das sie kannte, in dem sie sich bis zum gestrigen Abend sicher und wohl gefühlt hatte. Richtig, bis zum gestrigen Abend. Wieso war sie überhaupt hier her gekommen? Sicherlich, diese komische, monotone Cyberstimme hatte sie wahnsinnig gemacht, sie war jedes Mal aufgetaucht, als sie an den Laptop oder Computer hatte gehen wollen und sie wusste noch immer nicht, wie die beiden Kerle das hinbekommen hatten, in Anbetracht der Tatsache, dass vor allem an den PC gerne auch mal ihre Eltern gingen und bei denen scheinbar niemals diese Stimme und dieser seltsame Chat aufgetaucht waren. Noch beunruhigender war, dass es mehr von ihrer Sorte zu geben schien – und was am aller, aller Schlimmsten war, war die Tatsache, dass sie auch noch wirklich glaubte was ihr gesagt worden war. Immerhin klang es schwachsinnig, wie ein schlechter Film und total dämlich. So war die junge Russin also die komplette Nacht über auf der Kante des Sofas gesessen, hatte ihre Finger verknotet und wieder entknotet und war bei jedem minimalen, noch so kleinen Geräusch zusammen gezuckt. Beinahe wäre sie aufgesprungen und geflüchtet, nach Hause und zu den Menschen, die angeblich ihre leibliche Mutter auf dem Gewissen hatten. Außerdem gab es da ja angeblich auch noch ihren Vater, der eventuell noch lebte, aber nichts von ihr wusste, genauso wenig von dem was mit ihrer richtigen Mutter und überhaupt geschehen war. Wie auch? Sie hatte es bis gestern selbst nicht gewusst und wusste noch immer nicht, ob sie es glauben sollte.
„Das hier ist schwachsinnig!“ grummelte sie zu sich selbst, kramte das Handy aus der Handtasche neben sich und blickte darauf, kein Empfang. Natürlich nicht, sie hatte schon immer gewusst, dass dieses Anbieternetz grottig war und trotzdem hatte sie es nicht gewechselt. Mittlerweile war auch schon wieder Acht Uhr am Morgen, sie hatte sich kaum bewegt und dementsprechend träge war sie nun auch, die Knochen und Muskeln taten ihr weh, als sie sich nun auf die Beine drückte und ihre Jacke schloss (sie hatte sie nicht einmal ausgezogen). Anschließend hängte Alexis sich ihre Tasche über die Schulter, schob das Handy wieder hinein und schob sich leise an dem Vorhang vorbei in den dunklen Flur – Tunnel, oder wie auch immer man es nennen mochte.
Die 19-Jährige ließ den Blick langsam schweifen, so als könne sie gleich ein Monster entdecken, vor dem sie fliehen wollte – oder wohl eher, vor dem sie zu einer Statue gefrieren wollte vor lauter Panik, sodass es keine Probleme dabei haben würde sie mit Haut und Haaren zu verspeisen. „Links...“ murmelte sie zu sich selbst, sie hatte sich den Weg gestern gut eingeprägt. Vor allem nachdem Domenico und Christopher ihnen ans Herz gelegt hatten, dass man sich hier unten mehr als leicht verirren konnte. Kein Wunder, das war doch in allen Katakomben so, oder nicht? Naja, wie dem auch sei: Sie wusste schon, wieso sie nie hier runter gekommen war. Sie war ja nicht lebensmüde. Hatte sich das etwa geändert? Hoffentlich nicht. Leise und langsam setzte die Russin einen Fuß vor den anderen, versuchte sich in Gedanken zurechtzulegen, was sie ihren Eltern sagen sollte, wieso sie unangemeldet nicht nach Hause gekommen war, wo Sergeij und Victoria doch so viel Wert darauf legten immer zu wissen wo ihre Tochter war – selbstverständlich nur, damit sie sich keine Sorgen um sie zu machen brauchten. Wieso war sie plötzlich so sarkastisch, vor allem den Menschen gegenüber, die ihr eigentlich die Wichtigsten waren?
Verwirrt und zutiefst irritiert. Das traf das Gefühlschaos der jungen Brünetten am besten, wobei nicht einmal diese beiden Worte das Ausmaß des Chaos in ihrem Kopf beschrieben, das sich dort oben ausgebreitet hatte. Die Neuigkeit hatte sie mit solch einer Wucht getroffen, dass sie im Moment gar nichts mehr glauben wollte oder besser gesagt nicht wusste, was sie noch für wahr halten durfte. Ihre Welt war aus den Angeln geraten, hatte ihre rotationsrichtung geändert oder sonst etwas angestellt, aber Maes Leben lief nicht mehr so, wie sie es bisher all die Jahre über gewohnt war. Schöne Jahre. Gute Jahre. Jahre, die sie mit ihren Eltern verbracht hatte und niemals auf den Gedanken gekommen wäre, dass es sich ihren engsten Vertrauenspersonen nicht um ihre leiblichen Erzeuger handelte. Wobei niemals nicht ganz richtig war. Oft hatte sie schon gelesen oder zumindest gehört, dass Kinder in einem bestimmten Alter Zweifel bekamen, ob sie nicht vielleicht doch adoptiert waren, aber so genau konnte sie sich nicht mehr erinnern, wo sie dieses Wissen herhaben sollte. Eventuell auch nur ein dummer Traum? Auf jeden Fall war sie so gut wie immer absolut davon überzeugt gewesen, in der richtigen Familie aufgewachsen zu sein. Und nun kam da so ein komischer Typ daher, der meinte, sich in ihren Laptop hacken und ihr harmonisches Leben auf den Kopf stellen zu können. Normalerweise lief das doch nicht so. Mae konnte die Situation einfach nicht ernst nehmen. Alles in ihr sträubte sich vehement gegen jede noch so kleine Möglichkeit, dass der Kerl vielleicht doch die Wahrheit gesagt haben könnte.
Nein. Nein. Nein. Schon wieder glitten ihre unruhigen Gedanken zu der kleinen Rede, die er vor der Gruppe gehalten hatte und Maeve somit in einen dunklen Abgrund gezogen hatte. Während sie dort unter den paar anderen gestanden war, hatte sie tapfer um eine gefasste Miene gekämpft, versucht, sich nichts anmerken zu lassen und als würde sie die Neuigkeit nicht einmal halb so stark mitnehmen, wie es das tatsächlich tat. Die junge Frau hatte sich zu dem Zeitpunkt nicht eingestehen wollen, dass ihr die Zügel aus der Hand genommen waren, wo doch ihr Plan perfekt war: Sie würde der Aufforderung nachgehen, sich anhören, was die unbekannte Cyberstimme zu sagen hatte, denn es mussten Informationen sein, die man nicht auf diesem technischen Weg der Kommunikation überbringen konnte. Dann würde sie sich ein Bild von dem Gesprochenen machen und weiterschauen. Immerhin konnte es nicht allzu Weltbewegendes sein... hatte sie sich eingeredet, um nicht in letzter Sekunde doch noch einen Rückzieher zu machen. Mit aller Überzeugungskraft hatte sie versucht, sich selbst der Illusion hinzugeben, dass sich jemand einen bösen Scherz mit ihr erlaubte und sie dann alleine in einer leeren Lagerhalle stehen und sauer abdampfen würde, dass sie tatsächlich darauf hereingefallen war. Mae war sich so sicher gewesen.
Wieder und wieder spielte sie in ihrem Kopf die Szenen ab, analysierte jedes ausgesprochene Wort zu Tode und kam dennoch auf keinen grünen Zweig. Sie stand tatsächlich knapp vorm Verzweifeln. Sie, die niemals aus der Ruhe gebracht werden konnte, weil sie genau wusste, wo ihr Platz auf der Welt war. Aber von einer Sekunde auf die andere war ihr der Boden unter den Boden weggezogen worden und trotz ihrer Überzeugung, dass das nicht sein konnte, ließ sie die kleine Chance nicht in Ruhe, dass der Fremde doch die Wahrheit gesagt hatte. Es war auch seine Stimme, die sie im Ohr hatte, als Maeve in einen ruhelosen Schlaf abdriftete, aber nach nur wenigen Stunden wieder aufschreckte. Sobald sie die Augen aufschlug, wusste sie nur nicht mehr, was sie aufgeweckt hatte. Ein schlechter Traum? Ein unbekanntes Geräusch? Was auch immer es war, es hatte zur Folge, dass sie nicht mehr zurück in den Schlaf fand, weil die junge Frau viel zu aufgekratzt war. Irgendwann - es kam Mae wie ein paar Stunden oder noch länger vor, obwohl es sich maximal um eine volle Stunde gehandelt haben konnte - hielt sie es im Bett nicht mehr aus, stand auf und versuchet sich mit einer warmen Dusche auf andere Gedanken zu bringen. Leider hatte die morgendliche Routine den bitteren Nachteil, dass sie es gewohnt war, die einzelnen Schritte keine Konzentration mehr benötigte und die Gedanken erst wieder an dem jüngsten Geschehnis hafteten, von dem sie sich nach der Ansprache des jungen Mannes (dessen Namen sie direkt einmal vergessen hatte, falls der überhaupt erwähnt worden war) fluchtartig entfernt hatte und zurück zu ihrem sicheren Hafen geflohen war: das Haus ihrer Eltern - Scheineltern, Adoptiveltern. Wie nannte man das denn? Egal. Es tat nichts zur Sache.
Noch während sie ihre Haare föhnte, nachdem sie sich in ihre Rentierhose geschmissen hatte und in den kuscheligsten Pullover, den sie finden hatte können, betrachtete sie nachdenklich ihr umschattetes Spiegelbild und kam zu dem Entschluss, dass sie keine Ruhe mehr finden könnte, wenn das nicht ein für alle mal geklärt sein würde. Maeve musste mit dem Typen sprechen. Auf der Stelle. Sie musste herausfinden, was hier tatsächlich los war, ob sie sich hier unnötigerweise den Kopf seit mehreren Stunden zerbrach und kein Auge zubekam oder etwas an dem Erzählten dran war.
Halbherzig, denn ihre Gedanken formulierten bereits eine kleine Rede, die sie dem Kerl von gestern vortragen wollte, legte sie ein wenig Make-up auf, um die Anzeichen ihrer Übermüdung zu kaschieren und pinselte sich die Wimpern schwarz an, bevor sie zurück in ihr Zimmer verschwand, wo sie sich in eine Röhrenjeans zwängte, dazu ein Top von irgendeinem Designer von sonstwo und einer etwas längeren Strickjacke. Die Brünette verzichtete auf eine Tasche, sondern steckte nur das Handy in eine der hinteren Hosentaschen, schlüpfte dann noch in die erstbesten Boots, die sie herumliegen sah und tauchte dann schon in die frische Luft des neuen Tages. Den ganzen Weg über versuchte die junge Frau ihre Ruhe zu bewahren, nicht nervös zu werden, aber es viel ihr mit jedem zurückgelegten Meter schwerer. Was würde passiern? Auf was musste sie sich vorbereiten? Gegen was sollte sie sich sicherheitshalber wappnen? So viele unbekannte Faktoren ließen Maeve unrund werden, weshalb sie schlussendlich lange Zeit vor der Lagerhalle stand, diese mit großen Augen anstarrte, aber keinen einzigen Schritt weiter machte. Auf einmal war sie sich ihrer Sache gar nicht mehr so sicher. Sollte sie nicht doch lieber wieder umdrehen und so tun, als wäre nichts passiert?! Genau..., spottete Mae in Gedanken über sich selbst, denn die junge Frau wusste nur zu gut, dass sie keine Ruhe finden würde, zumindest solange nicht, bis das Missverständis geklärt worden war. Es musste sich um eine Verwechslung handeln. Erneut begann sie sich dem Glauben zuzuwenden, dass es sich dabei nur um eine große Lüge handelte und sie selbst aus dem Schneider war.
Noch einmal tief durchatmend suchte sie sich den Weg hinunter in die Kanalisation, wo sie sich den erst gestern zurückgelegten Weg versuchte in Erinnerung zu rufen. Das Letzte, das Mae wollte, war sich hier unten hoffnungslos zu verlaufen, wo sie doch ausgdrücklich davor gewarnt worden waren. Daher stand die Kanadierin auch oft genug an Weggabelungen, aber wenn hier alles so gleich aussah, erleichterte es ihre Bemühungen nicht wirklich, bis sie dann endlich an einem Gang entlang kam, an dem Vorhänge vor den Öffnungen hingen und Mae begann die Gegend zu erkennen. Ja. Sie musste richtig sein. Soetwas wie Erleichterung breitete sich aus, obwohl doch jetzt erst der schwierige Teil kommen würde. Schnell verwandelte sich das Gefühl der Genugtuung in Beklemmung um, als sie weiter ihren Weg durch die unbehaglichen Gänge suchte. Wo wollte sie denn überhaupt hin? Maeve war so beschäftigt damit gewesen, etwas Vertrautes zu finden, dass sie sich gar nicht überlegt hatte, wo der Kerl den stecken könnte. Abrupt blieb die junge Frau wie angewurzelt stehen... ihre Entschlossenheit sank gegen Null, als sie sich einsam und verlassen Irgendwo im Nirgendwo befand und keine Ahnung hatte, wo sie denn überhaupt hinwollte beziehungsweise wo sie nachdem Typen suchen sollte.
Seit dieser kleinen Versammlung am Abend hatte Liam die meiste Zeit der Nacht schlaflos im Bett gelegen und über die Worte des jungen Mannes nachgedacht. Sollte er diesem Kerl wirklich glauben schenken? Die ganze Geschichte hörte sich doch mehr als verrückt an. Seine Eltern sollten scheinbar die indirekten Mörder seiner wahren Eltern – bzw seiner wahren Mutter – sein? Je länger Liam über das ganze nachdachte, desto mehr erinnerte es an einen schlechten Horrorfilm. Und da wollte er definitiv nicht einer der Hauptdarsteller sein. Der Typ war verrückt. Und Liam genauso, sonst hätte er niemals auf solch einen Schwachsinn gehört und wäre auch nicht zu dieser Versammlung gegangen. Aber der 22-Jährige hatte es ja schlussendlich doch gemacht. Und jetzt zweifelte er langsam an seinem eigenen Verstand, wie sollte man auch erkennen was Wahrheit und was Lüge war? Er würde darüber schlafen müssen, definitiv. Ob danach die Welt besser aussah war allerdings fraglich. Vermutlich nicht, wäre ja zu schön.
Auch wenn es dem jungen Mann schwer gefallen war, hatte er es schlussendlich doch noch geschafft in einen tiefen und festen Schlaf zu fallen. Umso schwieriger war es für Liam am nächsten Morgen das Läuten seines Handyweckers nicht zu ignorieren und sich aus dem gemütlichen und warmen Bett zu quälen. Und natürlich sah die Welt am hellen Morgen definitiv nicht besser aus als am gestrigen Abend. Die Gedanken und Zweifel an diese ganze Geschichte kamen wieder zurück und sorgten unmittelbar dafür das Liams Stimmung in den Keller sank. Noch immer stand er im Zwiespalt. Sollte er zu dem Ort zurück kehren? Die Zweifel von Gestern waren noch immer vorhanden, aber im Prinzip war Liam bereits nach einigen Minuten des Nachdenkens klar das seine Neugier immer gewinnen würde. Und so war also der Plan gefasst sich nach dem Frühstücken auf den Weg zu machen.
Nachdem der junge Mann sich eine warme Dusche gegönnt hatte, verschlang er noch schnell eine Toastscheibe und trank seinen Kaffee, ehe er auch schon die Jacke überstriff, Schuhe anzog und das Haus verließ. Hoffentlich fand er den Ort überhaupt wieder. Und in dem ganzen Gängelabyrinth wäre es auch ganz gut sich nicht zu verirren. Ein Glück das der 22-Jährige nicht mit dem schlechtesten Orientierungssinn ausgestattet war. Er wäre wohl hoffnungslos verloren.
Als Liam den Ort erreicht hatte, an dem er gestern der Rede des Mannes gelauscht hatte, suchte er den Abgang zu dem Tunnelsystem und befand sich dann auch schon bald darauf in den dunklen und kahlen Gängen. Jetzt musste er sich wirklich konzentrieren, er durfte ja nicht falsch abbiegen, sonst wäre er tatsächlich verloren. Hätte man nicht wenigstens ein paar Pläne für das Tunnelsystem austeilen können? Da würde Liam sich nun um einiges sicherer fühlen. Sich über solche Sachen Gedanken zu machen half aber auch nichts, also ging der 22-Jährige einfach den Weg, den er für richtig hielt und hoffte inständig er würde sein Ziel erreichen.
Schlussendlich hatte Liam es geschafft, er hatte scheinbar immer die richtige Abzweigung gewählt, denn nun befand er sich in einem großen Raum, der ihnen auch gestern schon gezeigt worden war. Es handelte sich dabei wohl um den Gemeinschaftsraum. Zumindest wirkte es ein bisschen wie ein Mix aus Wohnzimmer und Küche. Und das ganze war relativ spartanisch eingerichtet. Aber was hatte er auch in solch einer Gegend erwartet? Verglichen zu seiner Wohnung war das hier wirklich das schlimmste was der 22-Jährige sich unter einer 'Behausung' vorstellen konnte. Ob der Kerl hier wohl wohnte? Wie verdammt nochmal hatte der das geschafft sein Luxusleben dafür aufzugeben? Liam wäre ja noch bereit seine Wohnung aufzugeben und etwas ärmlicher zu leben. Aber das ganze hier wäre im eindeutig zuviel des Guten. Andererseits konnte er auch ein bisschen die Beweggründe nachvollziehen, wenn das wirklich stimmte was ihnen gestern erzählt worden war. Auch wenn der junge Mann noch immer leichte Zweifel hegte das seine Eltern scheinbar herzlose Leute sein sollte und vor allem nicht seine Eltern waren. Mal abwarten. Fürs erste konzentrierte er sich auf die zwei Personen in dem Raum [Falls Alexis auch da ist? ^^] und blieb im Eingang stehen. „Hey.“ kündigte er sich freundlicherweise an, den Blick kurz darauf auf den Kerl gerichtet der gestern die Rede gehalten hatte. Misstrauisch betrachtete er wie dieser sein Brot aß. Sah dieser Mensch vertrauenswürdig aus? Liam konnte sich diese Frage nicht beantworten. Das ganze würde sich im Laufe der Zeit noch herausfinden lassen. Und ja, der junge Mann hatte fürs erste den Entschluss gefasst sich hier öfters blicken zu lassen. Wie gesagt, seine Neugier war manchmal wohl seine größte Schwäche.
Als die Kaffeemaschine das gewohnte Piepsen von sich gab, das darauf schließen ließ, dass der Kaffee fertig gebrüht war, zog er die Kanne aus der Halterung, schenkte sich etwas von dem dunklen, dampfenden Gesöff in die dafür bereit gestellte Tasse und widmete sich dann wieder seinem Brot - er hasste es, sich die Zunge an zu heißen Dingen zu verbrennen, weswegen er lieber noch einige Minuten warten würde. Gerade als er sich den letzten Bissen Brot in den Mund schob trat ein junger Mann durch den Eingang zum Raum, was Nico den Kopf heben ließ. Liam - er hatte sich jeden Namen eingeprägt, außerdem natürlich das dazu passende Gesicht. Wobei Domenico sowieso recht gut darin war sich Namen und auch Gesichter zu merken.
Während der junge Mann ein recht unbehagliches 'Hey' in den Raum schmiss, griff Nico noch immer kauend nach seiner Kaffeetasse, ehe er dem jungen Mann wieder den Blick zu wandte, sein Essen herunter schluckte und ein "Morgen" erwiderte, bevor er einen Schluck Kaffee nahm, der mittlerweile auf eine angenehme Temperatur herabgekühlt war. "Kaffee?" versuchte er belanglos das Thema nicht direkt auf den gestrigen Abend und darauf zu lenken, was der junge Mann von ihm und Chris erfahren hatte. Sicher, genau deswegen war Liam hier, das war offensichtlich, nur eine logische Schlussfolgerung. Dennoch würde Domenico auf Fragen warten, nicht von selbst auspacken - zumal er noch immer dem Beschluss treu war nicht allzu viel Preis zu geben. Nicht sofort und von Beginn an. Sie wollten Beweise, sich sicher sein, dass das was sie erfahren hatten der Wahrheit entsprach und das konnte Nico nachvollziehen. Diese Beweise konnten sie bekommen. Aber letzten Endes war es besser, dass sie so wenig wussten wie irgendwie möglich - das war schlicht weg weniger gefährlich. Außerdem mussten sie schließlich auch erst einmal herausfinden wem sie vertrauen konnten und wem nicht; nur weil sie in der selben Situation steckten - plump ausgedrückt - bedeutete das nicht gleich, dass sie auf der selben Seite standen. Davon konnte Nico ein Lied singen.
Noch während der Dunkelhaarige auf seine Antwort wartete betrat jemand Weiteres den Raum. Maeve Sinclare. Süße 19 Jahre alt, wirkte total unschuldig und lammfromm. Ob sie es war oder nicht konnte Nico nicht sagen, er kannte lediglich ihren Namen und ihr Gesicht - und die Wahrheit über ihr Leben. Aber sie kannte er nicht, genauso wenig wie alle Anderen. Abgesehen von Chris, aber der sei außen vor gelassen. "Halle Maeve", begrüßte er die Brünette, stellte die Kaffeetasse wieder neben sich auf der Ablage ab, auf der er auch noch immer saß und keine Anstalten machte auf den Boden zurück zu rutschen. Wozu auch? Er saß gut und es würde wohl kaum jemand ein Problem hiermit haben. Im Grunde war das hier schließlich sein zu Hause, sie waren nur Gast - nahm man es ganz genau. Sicher, es war etwas völlig anderes als das, was in einer schönen Penthouse-Wohnung auf ihn warten würde, aber zumindest durch einige Einsätze war Nico schon schlimmeres gewohnt und betrachtete man die Tatsache, dass er hier unten so sicher war wie dort oben vermutlich nirgends in dieser Stadt, war es doch gleich viel gemütlicher. Man musste sich nur zu arrangieren wissen. Es war in Ordnung, man konnte hier durchaus leben - man durfte eben nicht immer nur das Größte und Beste erwarten.
Noch stand sie ziemlich verloren in dem Tunnelsystem, hatte schon die schlimmsten Befürchtungen sich verlaufen zu haben oder zu weit gegangen zu sein, was Ersterem dann im Grund entsprach. Mit anderen Worten: Die Brünette fühlte sich alles andere als wohl in ihrer Haut. Noch dazu war es hier unten unanegnehm kühl, sodass ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief und sich als flaues Gefühl im Magen manifestierte. Toll fand Mae es hier unten echt nicht. Wie denn auch? Sie kannte sich nicht aus, hatte jeglichen Überblick verloren und war auf die Bereitschaft, Informatioenen rauszurücken, eines anderen angewiesen, um ihre persönliche Unruhe wieder in den Griff zu bekommen. Das waren gewichtige Faktoren, die sie nicht beeinflussen konnte, was ihr zunehmend zusetze und nicht gerade aufbauend wirkten. Seufzend lehnte sie sich gegen eine der rauen Mauern, überlegte es sich aber schnell wieder anders - vielleicht seilte sich ja ein Spinnenvieh von der Decke hinunter und landete ausgrechnet auf ihrer Schulter. Dann würde sie höchstwahrscheinlich quietschend in irgendeine willkürliche Richtung rennen und nie wieder herausfinden. Anlehnen war also doch keine so gute Idee. Seufzend strich sich Mae durch die hellbraunen Haare, die in glatten Strähnen einfach neben ihrem Gesicht hinunterhingen und manchmal vor ihre Augen rutschten, sobald sie rechts und links, zwei identische Gänge entlang schaute.
Auf einmal meinte sie Stimmen zu vernehmen. Oder eher gesagt das Echo von Stimmen, denn hier unten hallte es ganz schön. Ein Hoffnunsgschimmer, dass sich die junge Frau doch nicht verirrt hatte, glomm in ihrem Brustkorb auf und ließ sie in die entsprechende Richtung weitergehen. In ihren Erinnerungen war der Weg echt nicht so derart lang gewesen, aber da war sie auch eindeutig mehr in Gedanken versunken gewesen, den anderen nur halb anwesend nachgetappt. Im Nachhinein gesehen keine so intelligente Entscheidung, aber das hatte Mae gestern nicht beeinflussen können. Aber die Kanadierin musste auf dem richtigen Weg sein, denn auf einmal bog sie um eine Ecke und prompt fand sie sich wieder zurecht - als hätte man ihr eine Augenbinde abgenommen, konnte sie sch nun wieder an die Gegend erinnern und konnte demnach auch einschätzen, dass sie dasein müsste. Suchend sah sie sich in alle Himmelsrichtungen um, aber hier am Gang schien sie die einzige Person zu sein, was noch immer ein wenig unheimlich war, aber dem konnte Mae ja schnell entfliehen.
Gedacht, getan. Ihre Beine führten sie wie von selbst in den größeren Aufenthaltsraum mit der langgezogenen Couch und dem kleinen Wandverbau, der an eine Küche erinnern sollte, aber definitiv nicht dem Bild entsprach, dass der jungen Frau vor Augen hing, wenn sie an eine Küche dachte. Diese hier war nur mit den notdürftigsten Einrichtungsgegenständen ausgestattet und die Brünette musste sich eingestehen, dass sie bisher nur den Luxus der Reichen gewohnt war, mit der unteren Schicht kaum etwas am Hut gehabt hatte. Noch ein Grund, der sie skeptisch werden ließ. Warum, um alles in der Welt, sollte man das hier einem Leben in... angenehmeren Verhältnissen bevorzugen? Na gut, wenn die leibliche Mutter in grauenhaften Spielen umgebracht worden war, dann wollte man vielleicht nicht mehr bei den angeblichen Eltern leben, aber Maeve wollte sich noch immer nicht vorstellen - konnte nicht einmal daran denken -, dass ihre Eltern ebenfalls zu diesen schrecklichen Menschen gehörten! Hier endeten ihre Gedankengänge stets, weil es einfach derart absurd klang. Das konnte nicht sein. Erneut bekam sie die Bestätigung von sich selbst, dass diese Sache ein für alle mal geklärt werden musste und sie eher keine Ruhe bekommen würde.
Sobald sie um die Ecke getappt kam, blieb sie auch schon stehen und nahm erst einmal die Atmosphäre in dem Raum wahr, die noch recht entspannt zu sein schien. Wobei entspannt relativ war. Der eine Kerl von gestern saß auf der Arbeitsfläche besagter Küche und davon stand ein anderer Typ, dessen Namen sie sich natürlich auch nicht gemerkt hatte. Wie auch? Gestern hatte sie mit niemandem mehr gesprochen, sondern war auf direktem Weg nach Hause in ihr Zimmer geflohen. Mit einem prüfenden Blick huschten Maeves Augen über die beiden Personen, bis sie sich weiter in den Raum hineinwagte und ihre Aufmerksamkeit mehr auf den gestrigen Sprecher lenkte, der sie auch ansprach. Er schien sich Namen eindeutig besser merken zu können, immerhin sprach er die Brünette bei iherm Vornamen an, was sie für den Bruchteil einer Sekunde überrascht schauen ließ, sich aber schnell wieder gefasst hatte.
Die Kanadierin hatte nicht die Absichten, sich mit Floskeln abzumühen, weshalb sie kurz nickte und nach der kleinen Rede suchte, die sie sich doch so schön zurecht gelegt hatte. Doch nun war sie hier, stand mitten in dem Raum und... konnte sich an kein einziges Wort mehr erinnern. Besser konnte es doch nicht mehr laufen. Um ihre Ruhe bemüht, atmete die junge Frau einmal tief durch und heftete ihren Blick dann entschlossen auf den großgewachsenen Kerl mit dem Kaffeebecher in der Hand. Wo sie doch vorher noch gedacht hatte, nichst auf die gesitteten Höflichkeitsformen zu geben, grüßte sie die Anwesenden nun doch mit einem leisen "Morgen", um sich nicht ganz so schlecht zu fühlen. Unsicher, was sie machen sollte, da sie sich nur dezent blöd vorkam, wenn sie so mitten im Raum stand, tat sie ein paar Schritte und sah sich noch einmal genauer um. Vielleicht fühlte sie sich dann ja auch nicht mehr gar so beobachtet, sobald Maeve zu sprechen begann: "Ich hab über deine Worte nachgedacht. Immer und immer wieder. Und mir haben sich da ein paar Fragen aufgetan." Dabei flackerte ein Blick aus sanften, braunen Augen durch den Raum zu den beiden fremden Männern. "Wieso kommst du ausgerechnet jetzt auf die Idee, uns über unsere Vergangenheit aufzuklären, falls es wirklich stimmen sollte, was du uns erzählt hast? Warum nicht schon viel früher? Wie hast du mich, oder die anderen, ausfindig machen können?" Für Maeve gab es zu viele Ungereimtheiten, um seiner Geschichte Glauben schenken zu können.
Hatte er gerade noch in Gedanken zu sich selbst gesagt, dass er Fragen beantworten würde? Schon jetzt fühlte er sich in seiner Haut unwohl, schon als die Brünette die hinzu gekommen war ihre erste Frage äußerte. Dabei hatte er sich eigentlich darauf eingestellt, dabei war es eigentlich nur vollkommen logisch, dass diese Fragen kommen würden. Er hatte sich ja sogar denken können wie sie lauteten, was er an deren Stelle fragen würde. Außerdem war er ja in einer recht ähnlichen Situation gewesen, vor nicht einmal einem Jahr, als ihm bekannt geworden war, dass er adoptiert sein musste - nichts allzu tragisches, wenn da nicht die kleine Geschichte hinter der angeblichen Adoption stehen würde. Er hatte sich ja irgendwo sogar damit abgefunden adoptiert zu sein und einfach in Unwissenheit gelassen zu werden, sein Leben war immerhin alles andere als schlecht gewesen, ihm war es gut gegangen, er hatte tun können was er wollte, sein Leben genossen, sich niemals Sorgen um etwas machen müssen, Freunde gehabt mit denen man durch Dick und Dünn gehen konnte (wobei Chris dafür ein gutes Beispiel war). Er war rundum zufrieden gewesen - und dennoch hatte er nachgeforscht, nachgebohrt und war durch einen mehr als dummen Zufall auf diese schreckliche Geschichte gestoßen. Ihm war sofort klar gewesen, dass er es keine weitere Minute in der Gegenwart seiner Eltern aushalten würde, war aber zu diesem Zeitpunkt ohnehin zu einem Einsatz berufen worden und hatte daher nochmal genauer über alles nachdenken können. Wobei recht schnell klar gewesen war, dass er sich von seinen vermeintlichen Eltern abkapseln würde. Natürlich, war so etwas zu verzeihen? In Domenicos Augen nicht, Nein. Er hatte sie geliebt, sie waren ihm wichtig gewesen, doch mit der Wahrheit war all das, diese ganze Lüge, mit einem Mal zerplatzt gewesen, er empfand nur noch ein Gefühl für diese beiden Menschen: Hass. Hass und Enttäuschung. Er hatte oft mit dem Gedanken gespielt die Beiden zur Rede zu stellen, als er allerdings weiter nachgeforscht hatte, auf Chris Namen gestoßen war und es für einen dummen Zufall gehalten hatte, hatte er das einzig richtige getan und seinen Kumpel eingeweiht. Ihm wäre ansonsten wohl auch alles über den Kopf gewachsen, so hatte er Beistand gehabt und noch viel mehr: Jemanden der nachvollziehen konnte was Domenico mit dieser Erkenntnis hatte durchmachen müssen, da er es selbst hatte durchmachen müssen. Genauso wie Maeve und all die Anderen denen er gestern die bittere Wahrheit vor die Nase gesetzt hatte.
Er konnte die Fragen also gut nachvollziehen und dennoch wünschte er sich, dass die Brünette sie nicht gestellt hätte. Sein Blick ruhte auf der jungen Frau, die etwas nervös wirkte und sich sichtlich unwohl fühlte. Das alles war neu für sie, das musste er Bedenken, das durfte er nicht aus den Augen verlieren. "Wer sagt denn, dass ich es schon so lange weiß?" Das war eine seiner Macke, Domenico erwiderte gerne eine Frage mit einer Gegenfrage, was nicht sonderlich oft gut ankam. Dabei war das nicht einmal seine Absicht. "Ich musste das alles auch erst mal glauben und euch zumindest eine halbwegs sicheren Platz bieten können, solltet ihr euch dazu entschließen der Wahrheit auf den Grund gehen zu wollen", erklärte er ihr also schließlich mit ruhiger Stimme. Sein Blick glitt zu dem jungen Mann, der neben ihm als erst den Raum betreten hatte, dann zurück zu Maeve, die die Fragen gestellt hatte.
"Euch ausfindig zu machen hat außerdem auch einige Zeit in Anspruch genommen, das ging nicht einfach von einem Tag auf den Anderen. Zumal neben Euch vermutlich noch weitaus mehr existieren, deren Leben auf einer einzigen Lüge basiert." Domenico merkte selbst, dass er der Frage nach dem "wie" auswich, indem er etwas ähnliches erklärte, zwar irgendwo auf ihre Worte einging, irgendwo aber eben auch wieder nicht. Was sollte er ihr sagen? Dass sie rumgeschnüffelt, sich in Gefahr gebracht, ihr Leben aufs Spiel gesetzt hatten, nur um sie zu finden, in der Hoffnung sie würden sich ihnen anschließen und diesen grauenvollen Spiel ein für alle Mal ein Ende bereiten, damit kein weiteres Kind in eine solche Situation gelangen musste, damit keine weitere Mutter um ihr Leben kämpfen musste, um das ihres Kindes, nur um es dennoch zu verlieren? Domenico wollte gar nicht wissen, wie schrecklich die letzten Stunden seiner Mutter gewesen sein mussten, weswegen er sich diesen Gedanken auch nahezu sofort wieder verbot. Außerdem hatte er gerade wohl ohnehin anderes zu erledigen. Hungrige Mäuler stopfen - nur mit Wissen und nicht mit Essen. Jetzt rutschte er auch von der Ablage herunter, lehnte sich aber schließlich wieder dagegen, die Kaffeetasse noch immer in der Hand. Sie war angenehm warm, auch wenn das Getränk schon recht kühl geworden war. "Wie sagt man so schön? - Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg und Chris und mir war klar, dass es mehr geben musste.." das sollte reichen, bezüglich der Frage nach dem 'wie'. Je weniger sie wussten, desto gesünder war es für sie, zumindest solange sie sich noch nicht entschieden hatten.
Jamie Blackwell | G 6
Mit gemischten Gefühlen lehnte sie an ihrer Zimmerwand. Einerseits war sie wütend und enttäuscht, auf der anderen Seite war sie irgendwie sogar froh das endlich etwas Spannendes passierte in ihrem Leben. Natürlich hätte sie sich niemals vorstellen können, dass es gerade solch eine Situation sein würde. Schließlich waren ihre Eltern nicht mehr ihre Eltern. Trotz dem nicht so prickelndem Verhältnis, das sie zu ihren Eltern im Moment hatte, hatte sie sie immer lieb gehabt. Klar, musste sie schließlich auch. Jetzt jedoch konnte sie es sich nicht vorstellen, diesen Leuten - die sie aufgezogen hatten - noch einmal in die Augen sehen zu können. Ihre Gedanken kreisten immer daran, wie ihre leibliche Mutter von diesen Monstern ermordet worden war. Das war es schließlich - Mord. Aber wie sollte sie um eine Person trauern, die sie nie im Leben gesehen hatte? Nicht einmal ein Bild hatte sie von ihr. Ob ihre biologische Mutter wohl auch so getickt hatte wie sie? Schließlich verkörperte Jamie so ziemlich alles was ihre Eltern - bzw. die Leute die sie großgezogen hatte - nicht waren. Jedenfalls charakterlich.
Ihre "Eltern" waren sozusagen perfekt. Viel zu perfekt für ihren Geschmack. Immer diese ewige Freundlichkeit, Höflichkeit und Frommheit. Seltsamerweise fühlte sich die Blondine frei. So als würde einfach der gesamte Belast, der sich in den letzten Jahre auf ihre Schultern gelegt hatte, abfallen.
Natürlich hatte sie anfangs an den Dingen, die ihnen diese Kerle erzählt hatten, gezweifelt. Doch jetzt, wo sie genauer darüber nachdachte, machte es Sinn. Angefangen bei der Tatsache, dass ihre Eltern eigentlich schon etwas zu alt gewesen waren, um ein eigenes Kind in die Welt zu setzen und der Umstand das sie Einzelkind war. Schließlich hatten ihre Eltern immer von Großfamilien geschwärmt.
Seufzend stieß sie sich schließlich von der Wand und begab sich nun in das Wohnzimmer, oder etwas in der Art. Leise Stimmen kamen aus der Richtung. Also waren die anderen, die ebenfalls gestern die Wahrheit erfahren hatte, auch unten. Was sie jetzt als nächstes machen würde, wusste sie noch nicht. Sie wollte jedoch schon - falls möglich - nochmal zurück in ihre Wohnung. Ein paar Dinge würde sie auf jeden Fall brauchen. Nachdem Jamie ein paar düstere Gänge hinter sich gelassen hatte, kam sie in dem Aufenthaltsraum an, der auch etwas besser beleuchtet war. Unschlüssig stand sie an der Türschwelle.
Kam es der Brünetten nur so vor oder wich er ihren Fragen verdammt geschickt aus? Es passte ihr nicht so ganz, dass er ihr keine richtigen Antworten gab und sie sich danach kein Stück schlauer fühlte, sonder nur um einiges verwirrter. Ob es der junge Mann nun wusste oder nicht... aber er hatte ihr noch weitere Optionen offengelegt, über die sie sich den Kopf zerbrechen musste. Wie lang kannte er bereits die Wahrheit? Was hatte ihn generell dazu getrieben, das Leben anderer zu zerstören und sie ebenfalls in diese Verwirrung zu stürzen, die er selbst erlebt haben musste? Aber die quälenden Fragen blieben dennoch warum jetzt und vor allem aber wie er es vollbracht hatte, die wenigen Versammelten zu finden. Wie viel Glück musste man haben, tatsächlich die richtigen Menschen anzutreffen und nicht vollkommen Unbeteiligte in ein Schleudertrauma der Gefühle zu stoßen. Mae war sich noch immer ziemlich sicher, dass sie verwechselt wurde, aber leider nur 'ziemlich', was ihrer Vernunft eindeutig nicht ausreichte. Sie wollte Klarheit und Gewissheit. Maeve wollte mit dem Kapitel so schnell wie möglich wieder abschließen können und sich nicht weiter damit herumschlagen müssen. Sie hatte Wichtigeres zu tun, auch wenn ihr spontan nichts einfiel, aber irgendetwas würde sich schon finden lassen und wenn es ein neues Hobby war, für das sie sich ein paar Monate - wenn überhaupt - begeistern konnte und dann wieder ein anderes, neues Projekt startete. Alles wäre eine bessere Alternative, als sich hier mit diesem Problem herumzuschlagen und sich halbe Antworten geben zu lassen, mit denen sich die junge Frau nur schwer bis gar nicht abfinden wollte und konnte.
"Du musst es bereits einen gewissen Zeitraum wissen, sonst wärst du nach wie vor mit Zweifeln und Recherchen beschäftigt. Immerhin sagst du selbst, dass es eine Weile gedauert hat uns alle aufzuspüren und noch dazu wirst du dieses Tunnelsystem nicht von heute auf morgen hergerichtet haben." Ihre Stimme klang fester, überzeugter, als sie sich fühlte, aber im Moment ging es darum, wie sie weiter vorgehen sollte, es war wichtig für ihre Planung und da würde sie sich bestimmt nicht mit halben Wahrheiten und ausweichenden Erklärungen zufrieden geben. Obwohl Maeve am liebsten wie ein kleines Kind bockig und pampig herumzicken wollte, vergrub sie diesen Wunsch tief n sich drinnen, denn mit einer derartigen Einstellung würde sie bestimmt nicht viel weiter kommen, als dass ihr Gegenüber komplett dicht machte und die junge Frau erst wieder nichts Neues in Erfahrung gebracht hatte. Die paar Fakten, die er durchsickern hat lassen, waren alles andere als aussagekräftig. Eher schwammig und... und einfach nicht gut genug für ihren Geschmack. Dann musste es die Brünette eben anders versuchen: "Wer oder was hat dir das Recht gegeben, uns alle so zu verwirren und aus unserem gewohnten Leben zu reißen? Was erwartest du dir davon, wenn nun ein paar mehr Menschen herumrennen, die an ihrem ganzen bisherigen Leben zweifeln?" Noch sprach sie für die Gruppe von bisher Ahnungslosen, die gestern gemeinsam mit der gebürtigen Kanadierin in das Lagerhaus beordert worden waren, aber im Grunde ging es ihr vorerst einmal darum, für sich selbst ein paar Neuigkeiten ausschöpfen zu können. Dass der andere Kerl nichts wissen wollte, wunderte sie an der Stelle dann ja doch ein klein wenig, doch um sich damit zu befassen blieb im Moment nicht genügend Konzentration übrig. Die lag nämlich voll und ganz auf dem jungen Mann, der nun aufrecht stand und dadurch deutlich größer wirkte, als wenn er auf der Arbeitsfläche saß. Maeve versuchte sich davon nicht beeindrucken zu lassen, sondern spazierte weiterhin durch den Raum, bis sie an der Couch angelangt war und sich seitlich mit dem Becken leicht gegen die eine Armlehne lehnte. "Ich würde nur gerne verstehen, wieso ich mich auf diese wahnsinnige Geschichte einlassen sollte oder besser gesagt darauf vertrauen soll, dass ihr mich nicht anlügt und euch einen üblen Scherz erlaubt?", versuchte die Brünette nun ihren eigenen Standpunkt zu erklären. Außerdem war sie nicht der Typ Mensch, der offensive Befragungen durchführen konnte beziehunsgweise wusste, wie sie andere aus der Reserve locken konnte, sodass sie ihre Antworten doch noch bekam. Dazu fehlte der jungen Frau der Biss und machte sie auf die Kooperationsbereitschaft ihres Gegenübers angewiesen. Mae war so darauf konzentriert, den Blickkontakt zu halten, dass sie gar nicht mitbekam, wie sich eine junge Frau in den Aufenthaltsraum schob oder eher direkt im 'Türrahmen' stehen blieb.
Jamie Black | G 6
Sie zog ihr rot-schwarz kariertes Hemd ein wenig in die Länge und rückte ihre schwarze Nerdbrille etwas zurück, was sozusagen schon ein Art Reflex bei ihr war. Aufmerksam musterte sie die Brünette kurz und ließ dann ihren Blick durch den Raum schweifen und registrierte dabei 2(?) weitere Personen. Jamie hatte nur den letzten Satz von der jungen Frau mitbekommen, der in ihren Ohren wie ein indirekter Vorwurf klang. Vollkommen gerechtfertigt. Es war klar das diese Typen ihnen noch längst nicht alles erzählt hatten, aber bisher hatte sie noch keine Gelegenheit gehabt sie mit Fragen zu löchern. Außerdem hatte sie ihnen ziemlich schnell Glauben geschenkt. Vielleicht ein wenig zu schnell.
Sie betrat das Zimmer und lehnte sich dort gleich an die nächste Wand. Den Ausgang hatte sie dabei immer im Blick und war für sie schnell erreichbar. Einen Fluchtweg zu haben für den Notfall war schließlich nicht vollkommen verkehrt. Wer konnte ihr schon sagen, ob diese Menschen nicht einfach völlig durchgedreht waren oder sich einen Spaß erlaubten? Sie überlegte sogar für einen Augenblick, ob sie in irgendeiner komischen TV Sendung war und sich im Raum versteckte Kameras befanden. Den Gedanken streichte sie jedoch sofort wieder, da er absurd war.
"Ehm...Hey, ich bin Jamie", stellte sie sich schließlich vor um sich unter anderem auch bemerkbar zu machen. Ansonsten begrüßte sie ihre Freunde mit dem Star-Trek Gruß, was ihr allerdings dezent unangebracht vorkam. Sie wusste nicht einmal genau was sie hier machte. Inwiefern sollten diese Leute - die im übrigen auch nicht viel älter waren als sie selbst - ihr weiterhelfen können? Sie war weder ein Kämpfer noch ein Spion oder etwas in der Art, auch wenn sie den Gedanken daran auch recht verlockend fand. Vermutlich hatte die Blondine auch einfach zu viel James-Bond-Filme gesehen.
Wo waren eigentlich die anderen? Waren noch mehr "von ihnen" geblieben? Sie konnte sich gut vorstellen, dass manche einfach nur lachend und Kopf schüttelnd wieder nach Hause gegangen waren. Ob ihre Eltern schon bemerkt hatten das sie fehlte und nicht bei Freunden übernachtete? Das konnte ihr eigentlich egal sein. Jedoch brauchte sie jetzt so etwas wie einen Plan nach dem sie sich richten konnte. Einfach hier rumhocken war vielleicht auch nicht unbedingt das Intelligenteste.
In ihren Gedanken formte sich der Entschluss, dass sie erst verschwinden würde, wenn sie ein paar mehr Antworten - brauchbare Antworten - bekommen hatte. Das konnte doch nicht sein Ernst sein, sie hier so im Regen stehen zu lassen. Immerhin dürfte die Brünette doch nicht die Einzige sein, die eine Erklärung für das Ganze haben wollte. Oder glaubten die anderen tatsächlich, was der Typ ihnen gestern aufs Auge gedrückt hatte? Zumindest Maes Eltern hatten immer darauf geachtet, dass sie ihre Tochter davor warnten, nicht immer alles für bare Münze nehmen sollte, denn es gab nun mal nicht nur ehrliche Menschen auf diesem Planeten. Auf die Idee wäre die junge Frau zwar auch selbst gekommen, aber der Anstoß kam dann ja doch von den beiden Personen, die sie erzogen hatten, auch wenn es auf einmal bedeutete, dass die beiden nicht einmal ihre leiblichen Eltern waren, sondern die Mörder ihrer biologischen Mutter. Daraus wiederum gab sich, dass die beiden Leute, zu denen Maeve eine bisherum unumstrittene Vertrauensbasis aufgebaut hatte, sie ihr ganzes Leben lang, all die neunzehn Jahre, angelogen hatten. Nein. Sowas würden sie ihr nicht antun. Wie oft hatte sich dieser Gedanke schon in ihrem Kopf gebildet und wie oft war sie nun schon zu der Entscheidung gekommen, dass ihr das nicht angetan wurde? Eindeutig zu oft, denn mittlerweile war sogar Mae es leid, sich immer dasselbe zu denken. Aber das Thema ließ sie nun mal nicht los, ließ sich nicht abschütteln.
Noch während die Kanadierin damit beschäftigt war, jede einzelne Regung im Gesicht des hochgewachsenen Mannes zu studieren, stahl sich eine junge Frau in das Zimmer hinein und lehnte sich gegen die Wand, was zwar alles am Rande von Maeves Blickfeldes absoielte, aber wenn man starr auf etwas fixiert war, dann war es, als würde man Scheuklappen aufsetzen und noch dazu musste die Brünette all ihre Willenskraft zusammenkratzen, um sich hier nicht einfach abspeisen zu lassen. Wenn es nicht um etwas derart Wichtiges gehen würde, dann wäre sie schon lange vorher eingeknickt und hätte sich mit den wortkargen Antworten zufrieden gegeben... nein, sie wäre erst gar nicht hierher gekommen. So sah es nämlich aus. Das Alles hier verlangte ihr Dinge ab, die sie im Normalfall niemals getan hätte und das verunsicherte sie - versunsicherte sie nicht gerade wenig. Mae fühlte sich angreifbar, weil sie nicht mehr wusste, was sie glauben sollte.
Vielleicht lag der Grund für ihr erschorckenenes Zusammenfahren auch genau darin, doch ebenso schnell, wie sie zusammengezuckt war, entspannte sie sich auch wieder und drehte sich zu der jungen Frau hinüber, dass sie nun halb auf der Lehne des langgezogenen Sofas saß und eine Hand auf den Stoff der Rückenlehne legte, wo sie nachdenklich ein paar Muster hineinzeichnete, aber ihre braunen Augen lagen auf der fremden Person mit dem Namen Jamie (Mae nahm sich vor diesen Namen im Gedächtnis zu behalten). Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel, eine Reaktion, die oft auftauchte, wenn sie nicht genau wusste, wie sie sich verhalten sollte. Um auch dieses Mal nicht unhöflich zu wirken, stellte sie sich ebenfalls vor: "Ich heiße Maeve." So weit, so gut. Und weiter? Die Brünette war nicht gerade der Kracher darin, ein Gespräch am Laufen zu halten oder überhaupt erst mal in die Gänge zu bringen. Außerdem wollte sie dem jungen Mann nur ungern aus den Augen lassen, damit er sich nicht um eine Antwort drücken konnte. Auf die beharrte Mae noch.
Was hatte er der jungen Frau denn gerade gesagt? - Sicher wusste er es 'eine gewisse Zeit', aber das hatte er damit begründet, dass er sie hatte ausfindig machen müssen, dass er diesen halbwegs sicheren (wenn auch nicht allzu luxuriösen) Ort für sie bereit stellen konnte. Er und Chris - nicht zu vergessen, er war immerhin nicht alleine. "Definiere lang Maeve. Ich wusste zu Beginn nicht einmal, dass ihr existiert. Ganz davon abgesehen und wie bereits gesagt - und auch von dir festgestellt - musste wir euch erst ausfindig machen und euch einen sicheren Ort bieten können, der der Öffentlichkeit nicht zugängig ist. Zumindest nicht direkt." Noch immer klang Domenico ruhig, eher sachlich, seine Augen verrieten aber schon jetzt, dass ihm diese aufmüpfige Art und der Vorwurf in ihrer Stimme gehörig gegen den Strich ging. Niemand hatte sie gezwungen her zu kommen, weder jetzt noch am vorherigen Tag. Das war ihre Entscheidung gewesen und nicht seine. Er hatte ihr lediglich einen Anreiz gegeben, aber gekommen war sie. Sie ganz alleine, ohne dass er sie dazu gezwungen hatte. "Ein Recht wofür? - Dafür dir die Chance zu geben zu erfahren woher du wirklich kommst oder wer du wirklich bist? Ich habe dich nicht dazu gezwungen hier her zu kommen, dir das anzuhören, mir in irgendeiner Weise deinen Glauben zu schenken - weder gestern noch heute", Domenico seufzte leise und verschränkte die Arme vor der Brust als eine weitere, junge Frau in den Raum kam, die erst nichts sagte, lediglich dem Geschehen folgte und sich dann vorstellte.
Das lenkte die Brünette einen Moment ab, denn sie wandte sich eben jener Blondine zu die gerade hinzu gekommen war und stellte sich ebenfalls vor. Nico runzelte die Stirn, mutierte das hier gerade zu einem Kaffeeklatsch? Dann wäre er wenigstens erst einmal aus dem Schneider, aber das bezweifelte er, vermutlich wartete jeder der hier Anwesenden brennend auf eine Reaktion, eine Antwort seinerseits. Natürlich, ihm würde es in deren Situation nicht anders gehen, aber er war nicht in deren Situation und er hatte damals niemanden gehabt der ihm unter die Arme griff. Auch wenn der Dunkelhaarige etwas schroff wirken mochte, im Grunde wollte er nur das Beste für die Beteiligten, die Wahrheit eben. Wobei er nicht bestreiten konnte, dass er darauf aus war sie durchaus auch für seine Ziele einzuspannen, indem er seine Ziele zu ihren machte - was eigentlich nicht so schwer fallen sollte. Das hoffte er zumindest.
Naja, als die Aufmerksamkeit wieder auf ihm ruhte sprach er weiter: "Aber ihr-" jetzt beschloss er einfach von dem 'du' auf das 'ihr' zu wechseln, weil es sowieso um Alle ging und jeder aus dem selben Grund hier waren "-wärt alle nicht hier, würdet ihr nicht denken, dass ein Funken Wahrheit hinter meinen Worten steckt. Sonst würdet ihr da oben mit euren Freunden über den Spinner lachen, der euch verklickern wollte, dass eure Eltern haufenweise Geld hingeblättert haben für euch - dabei zugesehen haben, wie eure Mutter regelrecht abgeschlachtet wurde..." Domenicos Haltung hatte sich automatisch etwas versteift, wobei er sich nun wieder zu entspannen versuchte, was ihm letztlich auch gelang. Er sollte sich nicht so hinein steigern, deren Rage war verständlich und er musste dem einfach mit Ruhe und Ausgeglichenheit entgegnen, alles andere würde nur zu Ärger führen, dessen war er sich sehr wohl bewusst. Er atmete also tief durch und sprach mit gefasster, ruhiger Stimme wieder weiter: "Mit jeder Information die ich euch gebe werdet ihr mehr und mehr in das Visier der Organisation geraten, die dafür verantwortlich ist. Noch habt ihr die Möglichkeit auszusteigen... und das sag ich sicher nicht weil ich euch Angst machen möchte; das entspricht schlicht der Wahrheit und bevor ihr euch nicht entschieden habt werdet ihr nicht mehr erfahren wie nötig sein wird um euch von der Wahrheit zu überzeugen oder eben nicht."
Jamie Blackwell | G 6
Gerade als sie etwas auf Maeves Vorstellung erwidern wollte, konterte der Typ auf die Aussage der Brünetten. Das was er sagte stimmte. Wenn sie ihm nicht wenigstens ein wenig Glauben geschenkt hätte, wäre sie schon längst wieder in ihrem Himmelbett mit doppelter Matratze und einer Menge Bücher. Eigentlich mochte Jamie es, wenn andere genauso direkt und unverblümt redeten wie sie, aber so wie er es ausdrückte klang es selbst für sie zu hart. Klar, sie hatte Filme gesehen und Bücher gelesen über sämtliche Sci-Fi und Fantasy Geschichten. Aber die Wirklichkeit sah nun mal anders aus. Sie war immerhin eine Zivilistin, die jetzt übrigens nicht vorhatte irgendwelche Menschen umzulegen und Gangster zu spielen. Was könnte sie hier schon groß tun? Vermutlich würden sie eh nur im Weg herumstehen, da sie einfach zu unerfahren waren. Und so aufgebracht und ungeduldig wie der rüber kam, hatte er auch bestimmt keine wahnsinnig große Lust Teenager und junge Erwachsene hier einzuführen.
"Heißt das, dass du einen konkreten Plan hast wie man gegen diese Leute vorgeht? Ich denke es ist klar, dass wir mehr darüber erfahren wollen. Jedenfalls gilt das für mich", meinte Jamie überzeugt und warf Maeve einen fragenden Blick zu. Klar, sie kannte sie nicht. Aber sie saßen sozusagen im gleichen Boot. Die Blondine war sich sicher, dass sie nicht die Einzige war, die es so sah. Jetzt würde sich ihr Kickboxtraining endlich auszahlen. Obwohl sie vermutlich im echten Leben keine reale Chance hatte, sie hatte schließlich nur gegen Sandsäcke und umherspringende Leute gekämpft, die ihr niemals wirklich Schaden zufügen wollten. Nebenbei schob sie ihre Brille wieder ein Stück hoch.
Carey Duncan Braden || G4
Aus unruhigen Träumen schreckte Carey hoch, als an seine Ohren ein Rascheln klang. Er zuckte zusammen und war mit einem Schlag wach. Rasch richtete er sich auf und strich sich leicht verwirrt eine Strähne aus dem Gesicht. Sein Blick geisterte durch den dunklen Raum, ehe er sah, wie eine Maus - eine verdammt große, vielleicht war es auch eine Ratte - über den Boden raschelte und unter der Pritsche, auf der er lag, verschwand. Angeekelt verzog der junge Mann das Gesicht. Mit spitzen Fingern zog er die kratzende Wolldecke von seinen Beinen und überlegte sich kurz, ob er wirklich seine Füße auf diesen Boden setzten sollte. Er entschloss sich dazu, sich erstmal auf der Pritsche aufzusetzen und sich mit angewinkelten Beinen an die Wand zu lehnen. Erschöpft fuhr er sich noch einmal durch die Haare und seufzte. Gestern hatte er es nicht mehr in seine Wohnung geschafft, denn sie lag genau auf der anderen Seite von Toronto und war zu weit entfernt gewesen, als dass er sie vor dem Morgengrauen erreicht hätte. So hatte er das Angebot angenommen im Tunnelsystem zu übernachten. Als er sein provisorisches 'Zimmer' gesehen hatte, hätte er am liebsten wieder kehrt gemacht, aber dafür war es in dem Moment leider zu spät gewesen, denn sein Begleiter war in der Zwischenzeit schon verschwunden und der Braunhaarige war froh gewesen, dass er sich den Weg bis zur Versammlungsstelle merken konnte. Ob er jedoch den Weg wieder nach Draußen finden würde, daran zweifelte er. Aus diesem Grund gab es für ihn nur die Möglichkeit in diesem Loch zu übernachten.
Der Braunhaarige gähnte und schloss für einen Moment die Augen und ließ den Abend vor seinem Inneren Revué passieren. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass diese Geschichte wahr sein konnte. Seine Eltern waren für ihn sein ein und alles. Sie passten doch so perfekt zu ihm, sie waren sich so ähnlich. Nein! Das konnte einfach nicht sein. Wer konnte sich soetwas ausdenken? Und dann auch noch seine Eltern zu beschuldigen, dass sie für den Tod eines Menschens verantwortlich sein sollten, obwohl sie doch jeden Tag Menschenleben retteten. Andererseits hatte er keine Geschwister, konnten seine Eltern also eigentlich keine Kinder bekommen? Nein, und selbst wenn, hätten sie bestimmt nicht bei einem so markaberen Spiel teilgenommen. Carey glaubte an das gute in den Menschen und konnte sich einfach unmöglich vorstellen, dass Menschen zu soetwas im Stande sein sollten. Er schüttelte den Kopf und verbannte den Gedanken aus seinem Kopf. Nein... es wurden ihm hier Märchen erzählt, dass konnte nicht anders sein. Soetwas konnte doch nicht geschehen, ohne dass seine Eltern sich irgendwie anders verhalten mussten. Er hatte ein merkwürdiges Bauchgefühl, als er an seine Eltern dachte. War es Schmerz, oder Unbehagen? Er wusste es nicht. Reflexartig zog er sein Handy aus der Hosentasche und schaltete es ein. Auf dem Sperrbildschirm leuchtete ihm das Bild von seiner Abschlussfeier entgegen, wo seine Mutter, sein Vater und er fröhlich und glücklich in die Kamera strahlten. Eine neue Nachricht ploppte auf.
"Carey wir wünschen dir einen tollen Unitag. Lass mal wieder was von dir hören. Wir lieben dich. Mama und Papa."
Carey schluckte und steckte sein Handy wieder weg. Die Rede des Fremden hatten seine Spuren hinterlassen. Ebenso, wie die kurze Nacht. Obwohl er stets optimistisch war, war es ihm schwergefallen in dieser Nacht zu schlafen, denn er hatte sich nicht sicher gefühlt. Er lag auf der Matratze und hatte den Vorhang betrachtete, der langsam hin und her schwang.
Carey schüttelte den Kopf und schwang seine Beine vom Bett. Er hatte in den Klamotten vom Vortag geschlafen. Nur seine Lederjacke und seine Schuhe hatte er ausgezogen. Er schlüpfte in beides und versuchte seine zerknitterten Klamotten ein wenig zu glätten. In der Ecke, war eine Spiegelscherbe als Spiegel aufgehängt worden, in die er einen kurzen Blick warf. Seine Haare hielten sich erstaunlich gut. Ansonsten konnte man tiefe Schatten unter seinen Augen erkennen. Er schenkte seinem Spiegelbild ein müdes und gezwungendes Lächeln und wand sich ab.
Er zog den Vorhang zur Seite und trat in den Gang. "Links, rechts, rechts, links, rechts, links. durch die Mitte...", murmelte er leise vor sich hin, während er den Weg entlang ging. Tatsächlich erreichte er kurz darauf den Raum, indem die Rede gehalten wurde. Er sah auf den Steinhaufen und spürte, wie sich seine Haare im Nacken aufstellten. Rasch wand er den Blick ab und folgte einen Gang wieder ins Dunkle. Als er am Ende ein Licht sah, beschleunigte er seine Schritte und trat in eine art Gemeinschaftsraum. Kurz blieb er in der Grenze zwischen Tunnel und Höhle stehen und betrachtete alles eingehend. Er erkannte einige Gesichter wieder und den jungen Mann, der diese Horrorstory erzählt hatte... Nachdenklich runzelte er die Stirn und verschränkte die Arme.
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